Vom 26. Oktober bis 21. Dezember 2014 zeigte die EINEARTGALERIE eine Auswahl der Familienporträts des Fotografen Christian Borchert (1942 – 2000). Seine Blicke in die Wohnzimmer, in die Privatsphäre ostdeutscher Familien, offenbaren, was die Menschen verband, wie zuversichtlich, entschlossen, heiter oder verbittert sie waren, wie sie aussahen, welche Kleidung sie trugen, was ihnen wichtig war. Christian Borchert fotografierte seine ersten „Familienbilder“ in den 70er Jahren. Später, 1982 – 1985, entstand eine umfangreiche konzeptionelle Serie, in der er mehr als 130 Familien in verschiedenen Regionen der DDR, aus unterschiedlichen sozialen Milieus und Berufen in ihrem heimischen Umfeld porträtierte. Zehn Jahre danach besuchte er viele Familien ein zweites Mal und fotografierte sie – nach dem Untergang der DDR – erneut. So eröffnet die Gesamtschau von Borcherts Familienporträts das Panorama einer vergangenen Zeit. Die Fotografien sind, wie Christian Borchert es absichtsvoll wollte, Dokumente seiner fotografischen Annäherung an die Wirklichkeit ohne Übertreibung und Effekte. Sie sind zugleich, nachdem Jahrzehnte ins Land gingen, einzigartige Zeugnisse der Geschichte.
In der EINEARTGALERIE waren 38 Bilder zu sehen: erste Familienporträts der 70er Jahre, Fotografien der 80er Jahre und Bildpaare mit einer Gegenüberstellung von Aufnahmen aus den 80er und 90er Jahren.
Zur Eröffnung am 26. Oktober führte der Berliner Schriftsteller Richard Pietraß mit sehr persönlichen, kenntnisreichen Worten die Besucher in die Arbeits-, Bilder- und Erlebniswelt seines langjährigen Freundes: „Christian Borchert hat seine Familien in zwei großen Anläufen besucht, und sie haben mitgespielt: geschmeichelt und gestreichelt, verlegen und verwegen, einsehend und mitgehend. Vielleicht achten Sie, nicht Millio-, so doch Familiäre, auf die Tuchfühlung, den Schulterschluss, das Handhalten und Armumeinanderlegen: Die Familie als Lebens- und Strebensversicherung, Geborgenheitsort und federnd belastbares Sprungbrett in die äußere Lebenswelt. Freuen Sie sich am Teddyzirkus und am Tortentisch, am unsichtbaren Gängel- und beruflichen Tingelband. Verblüffend: der nach fünf Jahren Konkurrenzgesellschaft und öffentlicher Ichiotie fehlende Schwund innerfamiliärer Nähe. War es noch heil, das beim Fußballer im Knie sitzt, das Innenband? Oder schon zum Zerreißen gespannt?“
Der Musiker Gunther Krex sorgte am Bass mit eigenen Arrangements unter dem programmatischen Titel „Vor- und Rückschau“ für einen stimmungsvollen Auftakt dieser bemerkenswerten Ausstellung.
Ausstellung
Familienporträts 1974-1994
Fotografien von Christian Borchert
26. Oktober bis 21. Dezember 2014 Plakat
In Zusammenarbeit mit der Deutschen Fotothek der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) und dem Lehmstedt Verlag Leipzig.
Wortlaut der Einführung zur Ausstellungseröffnung: Richard Pietraß INNENBAND
Der Foto-Band „Familienporträts 1974 – 1994“ Fotografien von Christian Borchert, Lehmstedt Verlag 2014, liegt auch nach Ende der Ausstellung zum Kauf vor. Buchbestellung
Die Galerie bietet eine Edition mit ausgewählten Fotografien der Ausstellung zum Kauf an:
Blattgröße 30 x 40 cm, Silbergelatine auf Baryt Papier, limitiert, nummeriert. Edition
Foto oben: Familie S./S. (Melkerin, Melker) auf ihrem Grundstück, Steinhagen-Krummenhagen (Mecklenburg), 1983
© Deutsche Fotothek / Christian Borchert
Impressionen von der Eröffnung am Sonntag, 26. Oktober 2014, mit Richard Pietraß (Einführung) und Gunther Krex (Musik)